Das offizielle Interview sollte erst in 5 Minuten beginnen. Da krickelte der Reporter so auf einem Blatt herum und machte noch ein paar Notizen. Ganz beiläufig entfleuchte ihm das Wort:
- Geboren.
Der Interviewpartner schon ganz heiß darauf, dass es jetzt endlich losging, antwortete sofort.
- Na logisch. Sonst wäre ich ja nicht hier.
(Damit hatte es begonnen.)
- Wie groß sind Sie?
- Sehr groß. Oder meinen Sie die Körpergröße?
- Wo wurden Sie geboren?
- Kann ich unmöglich sagen, sonst würden Groupies den ganzen Verkehr in der Gegend zum Erliegen bringen.
- Was für einen Beruf haben Sie?
- Mensch und Mann. Knallharte Knüppeljobs. Und nach Feierabend, also morgens, bin ich manchmal nur ich.
- Welche Qualifikationen besitzen Sie?
-Ich brauche, um ein Mann zu sein, keine Qualifikation.
- Warum haben Sie mit dem Schreiben angefangen?
- Gute Frage. Mmh. Lassen sie mich mal nachdenken. Ich wollte immer schon berühmt werden. Und weil ich nichts kann, was von Bedeutung wäre, fing ich eben mit dem Schreiben an. Allen berühmten Geschichtenschreibern und Philosophen von der Antike bis zur Neuzeit ging es nicht anders. Was meine herausragende Rolle in keiner Weise schmälern soll.
- Was ist Ihre größte Stärke?
- Meine kaum wahrnehmbare Bescheidenheit.
- Haben Sie Hobbys?
- Übersinnliches Dahinschwelgen.
- Hat man Ihnen schon mal Arroganz vorgeworfen?
Nach einer etwa 3-minütigen Pause:
- Das ist aber schon sehr lange her. Wie hieß sie noch gleich? Wir waren irgendwie miteinander verwandt. Ich weiß noch, dass ich damals kurz danach den Kontakt abgebrochen habe. Aber nicht dass Sie jetzt denken, ich hätte ein Problem mit Kritik.
- Wie steht es mit Freunden?
- Ja, habe ich. Alle Menschen mit Humor und mich.
- Was wollten Sie denn werden, als sie noch ganz klein waren?
- Ich. Immer nur ich. Darf ich sie auch mal was fragen?
Waren Sie echt in einer Schule, um so einen Job zu machen?
(Pause - peinliches Schweigen - rotanlaufendes Gesicht - kalter Schweiß)
- Vielen Dank für das Gespräch.
- Dank angenommen.
He, mal so unter uns: Sie sind echt ´ne Zumutung.
Schönen Tag noch.
(Der Reporter möchte gern anonym bleiben und wird unbestätigten Berichten zufolge therapeutisch behandelt.)
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